Sehr geehrter Herr Todt,
im Folgenden möchten wir unsere Irritationen bezüglich der Teilnahme des
VfL Bochum 1848 am Sicherheitsgipfel am 17. Juli in Berlin zum Ausdruck
bringen. Wir möchten dies absolut unabhängig von Ihrer Arbeit im
sportlichen Bereich verstanden wissen. Wir wenden uns an Sie, da Sie den
VfL vor Ort repräsentiert und mit ihrer Unterschrift unter dem
verabschiedeten Verhaltenskodex das Einverständnis des Vereins mit den
dort getroffenen Beschlüssen dokumentiert haben. Uns stellen sich bei
Betrachtung der Vorgehensweise der Beteiligten und der Resultate der
Veranstaltung einige Fragen, welche wir Ihnen hier stellen und jeweils
kurz erläutern möchten.
Warum nahm der VfL, konkret in Form Ihrer Person, teil?
Wir erachten es als überaus verwunderlich, dass unser Verein, der sich
allerorts mit seiner – teils sicherlich existenten – Nähe zu seinen Fans
brüstet, diese in einer solch schwerwiegenden Entscheidung, wie der
Teilnahme an der Konferenz und der Verabschiedung der dort getroffenen
Beschlüsse, schlichtweg übergeht. Es werden Mitgliederforen
veranstaltet, eine Stadionverbotskommission eingerichtet und im Leitbild
(dazu später mehr) die vermeintliche Nähe manifestiert und bei der
Entscheidung zur Teilnahme am Sicherheitsgipfel alle selbst auferlegten
Grundsätze über Bord geworfen.
Wurden Alternativen zur Teilnahme und Unterzeichnung überhaupt in Betracht gezogen?
Unserer Meinung nach gehört es zur Pflicht eines professionell geführten
Vereins, der sich selbst als mündig erachtet, stets auch andere
Entscheidungsmöglichkeiten als die allgemein von ihm erwarteten zu
prüfen und insbesondere die Wirkung öffentlichkeitswirksamer
Entscheidungen wie in diesem Fall in Betracht zu ziehen. Wir beobachten
jedoch verstärkt, dass sich der derzeitige Trend unter den Vereinen der
Bundesligen dahin verschiebt, dass höheren Instanzen, wie dem DFB oder
in diesem Fall der Politik, mehr oder weniger blind gehorcht wird und
kaum vom vorgesehenen Weg abgewichen wird. Dass es auch anders geht,
bewiesen im Fall der Sicherheitskonferenz die Vertreter von Union
Berlin, welche nicht teilnahmen.
Wie vereinbart der VfL seine Teilnahme, ohne zuvor einen Dialog mit seinen Mitgliedern geführt zu haben, mit seinem Leitbild?
Wie bereits erwähnt, sind wir insbesondere enttäuscht wegen des
Ignorierens des immerhin selbst auferlegten Leitbilds des Vereins. Wir
vermissen abermals eine konsequente Umsetzung des Leitbilds, die in
diesem Fall zwangsläufig den Dialog mit den eigenen Mitgliedern bedeutet
hätte, anstatt ohne Rücksprache irgendwelche Maßnahmen zu beschließen
und einen Kodex über die Köpfe der Anhänger hinweg zu signieren. So
heißt es im Leitbild unter der Überschrift soziale Verantwortung: „Wir
verpflichten uns den Werten des Sports: Toleranz, Fairplay, Solidarität
und Gleichheit leben wir vor.“ Wo bleibt denn die Solidarität und das
Fairplay seitens der Verantwortlichen gegenüber den Fans? Wäre es nicht
fairer gewesen, wenn die Fans auch ein Wort mitzureden gehabt hätten?
Darüber hinaus schmückt man sich mit dem Begriff „Unbeugsam“. Gilt
dieses Schlagwort etwa nur für sportliche Belange und wird ansonsten
außer Acht gelassen? Denn unbeugsam war Ihr Handeln in diesem Fall beim
besten Willen nicht. Es wird hier eher der Eindruck erweckt, dass man in
brenzligen Situationen eher auf Opportunismus als auf Unbeugsamkeit
setzt. Zu guter Letzt heißt es zudem im Leitbild unter dem Schlagwort
„Nah“: „Wir sind füreinander ansprechbar und gehen in unserer
Fußballgemeinschaft respektvoll, kritikfähig und geradeaus miteinander
um.“ Hierunter fällt nach unserer Auffassung nicht das Diktat
irgendwelcher schwammig formulierten Verhaltensregeln, auf deren
Erstellung diejenigen Personen, die sich an sie zu halten haben,
keinerlei Einfluss hatten.
Wir fragen uns, ob nicht eine Einhaltung der propagierten Werte dem
Image des Vereins zuträglicher wäre, als sich häufende Verstöße gegen
sie.
Wann wurde dem VfL der Verhaltenskodex zur Kenntnisnahme zugesandt
und inwiefern wurde er tatsächlich von verschiedenen
Vereinsverantwortlichen inhaltlich überprüft?
Der Verein Union Berlin begründet seine Absage unter Anderem damit, dass
der zu unterschreibende Verhaltenskodex den Vereinen erst am Vortag der
Veranstaltung um 16:45 Uhr zugesandt wurde. War dies tatsächlich der
Fall?
Wenn ja, fragen wir uns, ob eine tatsächliche inhaltliche
Auseinandersetzung mit den verschiedenen Punkten beim VfL erfolgt ist
und mit wem diese abgesprochen wurde.
Sind dem VfL die Bedeutung und Tragweite der verschiedenen Beschlüsse
sowie der Art und Weise der Abhaltung des Sicherheitsgipfels für die
Fanbasis klar?
Hier muss vorweg genommen werden, dass insbesondere das Feld der
Teilnehmer der Konferenz für großes Unverständnis seitens der Fans
gesorgt hat. Wie erklären Sie, dass bei einer Veranstaltung bei der es
um Fans geht, kein einziger Fanvertreter vor Ort war? Wir können uns des
Eindrucks nicht erwehren, dass es bei der gesamten Konferenz keineswegs
um eine inhaltliche Debatte ging, sondern lediglich um das möglichst
öffentlichkeitswirksame Präsentieren verschärfter repressiver Maßnahmen.
Es wurde glasklar das Signal gesendet, dass man bei der Fanarbeit
seitens der Vereine keinen Wert mehr darauf legt, Fans Mitspracherecht
zu gewähren, auch wenn in den offiziellen Verlautbarungen logischerweise
das Gegenteil behauptet wird.
In unseren Augen wurde, lediglich um den objektiven Schein zu wahren,
verkündet, man erhöhe auch die Zuwendung für Fanprojekte und andere
Präventivmaßnahmen. Doch was nützen die Fanprojekte, wenn nicht einmal
sie zu einer solchen Veranstaltung geladen werden? Und was nützt das
Ganze dem Achtzehnjährigen, der wegen einer Dummheit aufgrund der neuen
Stadionverbotsrichtlinien eventuell erst mit knapp 30 Jahren wieder ein
deutsches Stadion betreten darf?
Dies ist nur ein Auszug aus den Absurditäten, die sich bei einem
genauen Blick unsererseits auf die Beschlüsse der Konferenz ergeben
haben. Und das alles hat der VfL für derart gut befunden, dass er den
Verhaltenskodex als Ergebnis des so genannten Gipfels unterschrieben
hat?
Uns drängt sich der Eindruck auf, dass es der Veranstaltung zu keinem
Zeitpunkt um einen konstruktiven Dialog mit den Fans oder zumindest eine
ergebnisoffene Debatte unter den Vereinen ging, sondern lediglich um
eine öffentlichkeitswirksame Inszenierung einer härteren Gangart gegen
Fußballfans. Dass unser VfL sich dieser Art von Symbolpolitik nicht
entzogen hat, enttäuscht uns. Man hat hier eine Chance verpasst, sich
demonstrativ hinter seine Anhänger zu stellen. Dies wäre insbesondere
aufgrund der Treue der VfL-Anhänger trotz der sportlich schwierigen
letzten Jahre ein feiner Schachzug gewesen, welcher leider nicht erfolgt
ist.
Dennoch möchten wir abermals betonen, dass wir jederzeit zu einem Dialog
bereit sind, solange er tatsächlich auf Augenhöhe geführt wird. Zudem
sei nochmals gesagt, dass sich der geäußerte Unmut keinesfalls gegen
Sie, Herr Todt, als Sportvorstand in Ihrer eigentlichen Funktion
richtet, sondern gegen ihr konkretes Handeln in diesem Fall und die oben
beschriebenen Umstände.
Mit blau-weißen Grüßen und in der Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison
Ultras Bochum 1999
sUBoles
Fanatics Bochum 2007
Caramba Bochum
Commando-Bochum´93
Fairplay 1848
Blau-Weiße Freunde von Block A
La Onda
1848er
Voll Blau Bochum
Generation Blau